Oskar

Nachdem unsere erste Tochter Paula im Krankenhaus und die zweite, Hanna im Geburtshaus in Göttingen geboren wurde, war für mich klar, Nummer 3 soll zu Hause auf die Welt kommen. Perfekt, da Andrea, die bereits bei Hanna Vor- und Nachsorge gemacht hatte, inzwischen wieder als freiberufliche Hebamme arbeitete und dann auch noch Susanne, die bereits bei Hanna ́s Geburt dabei war. Für mich gab es nicht den winzigsten Zweifel. Das Argument, was meinen Mann endgültig überzeugte, war: wenn wir zu Hause entbinden, so kann er in Heiligenstadt (Thüringen) zum Standesamt gehen. Da Hanna in Göttingen geboren wurde, musste er sie auch dort auf dem Standesamt anmelden – dafür musste er tatsächlich zweimal nach Göttingen fahren.
Andrea begleitete mich schon sehr früh in dieser Schwangerschaft, da mein Kreislauf nicht so richtig mitmachte. Da ich ja bereits zwei Mädels zu Hause hatte, zu diesem Zeitpunkt 23/4 und gerade 1Jahr geworden, musste ich schneller auf Hilfe von außen zurückgreifen als ich wollte. Wir alle haben die Zeit der Schwangerschaft sehr genossen. Paula freute sich immer auf den Besuche von der „Hebammer“. Bis Andrea ihr nochmal sagte, das Sie Andrea heißt und zu ihr doch auch nicht Kind sagt! Danach war die Freude noch genauso groß, aber nun halt auf Andrea.
Ich war zum ersten mal beim Schwangerschaftsschwimmen und war hinterher immer positiv geschafft. Diese Zeit war sehr wertvoll für Nummer 3 und mich! Dann ging der Sommer vorbei, die Tage wurden kürzer, der Geburtstermin rückte näher. Andrea war die Woche vorm ET nicht da und ich hatte immer wieder nachts Wehen, so dass ich nicht schlafen konnte. Ich hatte nicht das Gefühl, das ich schon ein Kind, geschweige denn zwei Kinder geboren hatte. Wieder war ich mir so unsicher ob es losgeht oder nicht. Wieder versuchte ich in mich hineinzuhorchen, achtete auf jedes nur so winziges Eventuell-Anzeichen.
Dann bekam ich erstmal noch eine ziemlich heftige Erkältung, so dass ich ein Tag vorm errechneten Termin tatsächlich noch beim Arzt saß. Es war klar, die Erkältung muss erst ausgestanden sein, bevor ich ein Kind gebären kann. Andrea war wieder da und wir sahen uns nun ja auch öfter, zwischen drin hatte ich schon mal so einen richtigen Heultag, der bei den Mädels die Geburt einleitete, aber hier war er nur nervig. Dann gab es natürlich auch noch eine Routineuntersuchung im Krankenhaus.
Freitagabend, bereits der 10. Tag nach Termin war Andrea also wieder zur Vorsorge da. Es tat sich ein wenig. Ein paar Wehen hier und da, ein bisschen blutiger Schleim, aber inzwischen war ich noch unsicherer und glaubte schon fast nicht mehr an das was geschah oder halt auch nicht. Jegliche Hoffnung auf baldige Niederkunft hatte ich verloren.
In der Nacht von dem Freitag zum Samstag wurde ich nachts wieder wach – wegen regelmäßigen, nervigen Wehen. Irgendwann gab ich das hin und her gewälze im Bett auf ging hinunter ins Wohnzimmer und kochte mir Tee. Dann stand mein Mann auf der Matte und wollte dabei sein. Wobei fragte ich mich? Schließlich hatte ich ja inzwischen gar keine, nicht mal mehr die leiseste Ahnung von Geburt und dem was da geschieht. Und schon gar nicht, ob das nun doch der ersehnte Beginn dieses Abenteuers ist.
Nach ungefähr einer Stunde begaben wir uns wieder ins Bett, um tatsächlich nochmal einzuschlafen. Wach wurde ich aufgrund der immer noch vorhandenen Wehen. Weiterhin regelmäßig, vielleicht auch tatsächlich etwas stärker!? Wie schon erwähnt ich war im Tal der Ahnungslosen gelandet.
Christoph meinte dann gegen 5Uhr, das ich vielleicht doch langsam mal Andrea anrufen sollte. Da er bei Hanna damals auch zur rechten Zeit diesen Vorschlag gemacht hatte, rief ich Andrea an und sagte, das wir uns freuen würden, Sie heute schon wiederzusehen. Sie traf dann auch gegen 5.35Uhr bei uns ein. Ich saß noch gemütlich auf dem Sitzball und freute mich sehr sie zu sehen, doch war mir auch jetzt noch unsicher, ob ich sie nicht umsonst geweckt hatte. Andrea machte es sich auf unserem Bett, an die Heizung gelehnt gemütlich.
Nachdem ich von der Toilette zurück kam, sagte sie mir, das sie mit Christoph ausgemacht hat, das er jetzt die Kinder weckt und Sie dann zur Oma fährt. Und wollte von mir wissen ob ich es noch so lange aushalte. Inzwischen hatte sich auch bei mir die Gewissheit eingestellt, das es nun ernst wird. Dies brachte auch die „alles um mich herum Scheißegal-Laune“ mit.
Also fuhr Christoph gegen 6.20 Uhr los. Ich hörte die Autotür zufallen und das war dann der
Startschuss für die auch mir bekannten richtigen, echten Wehen. Vom Sitzball war ich schnell runter, versuchte es erst an einer Kommode, da fehlte mir aber der Halt, so dass ich im Vierfüßlerstand kniend vor unserem Bett landete. Dort konnte ich mich gut an der Umrandung festhalten. Christoph kam gegen 6.43 Uhr wieder. Als Andrea untersuchte war der Muttermund auf 10 cm, doch der Saum stand noch. Sie schlug vor, mich seitlich zulegen, damit sie unter der nächsten Wehe den Saum vorsichtig weg schieben kann. Sehr gern!!! Ich fühlte schon den Kopf. Ich blieb dann auch so liegen und hatte das Gefühl ungefähr 100mal zu sagen „Ich kann/will nicht mehr“. Kann aber gar nicht so oft gewesen sein, denn bereits um 6.48 Uhr lag MEIN kleines Kind auf meinem Oberschenkel. Ein traumhafter, zauberhafter Moment. Ich streichelte die kleinen Hände. Dann legte Andrea mir das kleine Menschenkind auf den Bauch und ich genoss es in vollen Zügen. Immer wieder ein unglaublicher Moment. Tatsächlich wohnt jedem Anfang ein Zauber inne!!!
Dann schauten wir wie unser Kind denn heißen würde. Ein Junge, also: Oskar Nepomuk Herzlich willkommen! Nachdem ich die Plazenta noch raus gedrückt hatte, war es endlich vollbracht. Ich kuschelte mich, so wie ich war, mit Oskar, so wie er geboren wurde, in mein Bett.
Dann wurde mein Riss noch versorgt und bei Oskar die U1 gemacht. Mein kleines Kind war schon ganz schön groß: 56cm lang und 4350g schwer!

Zum Frühstück wurden uns frische Crêpes gebracht.